Steinbau
Steinbau
Der Steinbau (Steinhaus: mhd. steinhus, gemurotes hus; mlat. domus lapidea) breitete sich im Frühmittelalter durch kirchliche und königliche Bauten, die in römischer Bautradition (mos Romanorum) standen, von Süden und Südwesten her auch im deutschsprachigen Raum aus. Im 9. und 10. Jahrhundert erfasste diese Bauweise das ehemals freie Germanien, wo Steinbauten ursprünglich nicht bekannt waren. Der Steinbau war geprägt von den ortsüblichen Baustoffen – von Lesesteinen, den Steinen des nächsten Bruchs oder dem Lehm der nächsten Grube. In Regionen mit Kalk- oder Sandsteinvorkommen baute man in Quader- oder Hausteinbauweise, während in der norddeutschen Tiefebene mangels verwertbarer Steinvorkommen Findlinge oder Bruchsteine zum Einsatz kamen und ab dem 12. Jahrhundert die Backsteinbauweise vorherrschte.
Der im Frühmittelalter als Massivbauweise vorherrschende Bruchsteinbau wurde während der Hochromanik zunehmend durch den Hausteinbau ersetzt. Bei den bescheidenen Bauten im bürgerlichen und bäuerlichen Bereich fand Bruchsteinbau jedoch weiterhin Anwendung, häufig in Verbindung mit Ecksteinquadern und Hausteinlaibungen. Auch die Art der Dacheindeckung wurde – soweit nicht Stroh, Reet oder Schindeln Verwendung fanden – vom Vorkommen von Plattenkalk, Schiefer oder Lehm bestimmt.
Unerlässlich als Bindemittel bei der Errichtung von Steinmauern waren Branntkalk und Mörtel, deren Verfügbarkeit vor Baubeginn gesichert werden musste. Je nach Lage der Baustelle und den in der Gegend anstehenden Steinarten verwendete man vor allem Kalk- und Sandstein, daneben Granit, Tuff und Trachyt.
Als bedeutende Steinbaustädte des ausgehenden Hochmittelalters und des Spätmittelalters gelten – neben den altbayrischen Städten – Regensburg, Köln, Lübeck, Konstanz, Lemgo, Osnabrück, Höxter und Goslar. Der Steinbau spielte im 13. bis 15. Jahrhundert auch in späteren Fachwerkstädten eine erhebliche Rolle, besonders in Niederdeutschland und in Altbayern, auch in Südbaden und am Niederrhein. Häufig wurde Steinbau durch Bauvorschriften gefördert, um der Brandgefahr entgegenzuwirken und aufgrund des wachsenden Holzmangels. Mancherorts ging der Steinbau im Spätmittelalter zugunsten des Fachwerkbaus zurück (z.B. in Lemgo und in Höxter), was als Zeichen wirtschaftlichen Niedergangs gedeutet wird.
Das älteste noch erhaltene Steinhaus in Deutschland – das sogenannte "Graue Haus" – steht in Östrich-Winkel (ca. 12 km westlich von Mainz) und stammt aus dem 12. Jahrhundert. In diesem Zusammenhang verdienen auch die steinernen Burgen, Brücken und Kaianlagen des Mittelalters Beachtung.
Mittelalterliche Großbaustellen boten hervorragende Triebkräfte für die Entwicklung verschiedener Bautechniken, Bauhilfsmittel, Transport- und Organisationsformen sowie für Bauplanung und -finanzierung, Rekrutierung von Arbeitskräften und deren Spezialisierung.